Mittwoch, 8. September 2010

Tag 22 Grand Canyon



Du wirst dich noch wundern, Schmidt.
Jetzt sitzt du noch da, rechts auf dem Rücksitz und schaust aus dem Fenster auf das von der Sonne angestralte Feld von Gras und Büschen.
Die Sonne steht tief, das grün schimmert so grün wie es nur abends schimmert, gelblich-rotes Grün.
Du sitzt da und kuckst und denkst dir, wie schön das hier ist.
Du wirst dich noch wundern, Schmidt.
Wir rasen mit 90 Meilen die Stunde über den Highway, die Straße ist weit und wäre leer, wenn wir nicht so schnell führen.
Wenn man schneller durch den Regen fährt, Schmidt, treffen einen dann mehr Regentropfen als wenn man langsamer fährt?
Jetzt überholen wir wieder. Zwei auf einmal,
das Tacho wackelt auf 110. Du schnallst dich lieber an, Schmidt, aber
du wirst dich noch wundern, Schmidt.
Die Kamera ist geladen, freier Platz und viel viel Energie, das wird sie brauchen und du wirst sie hier lassen, Schmidt, wenn wir da sind. Wir rasen, denn die Sonne
ist tief, ist sie unten ist der Zauber vorbei, du lachst weil meine Schwester die Physik für verändert erklärt, dass wir es noch schaffen, ich weiß,
du wirst dich noch wundern, Schmidt.
Du wirst von der Sonne gelb angestrahlt, deine Stoppeln vom Reisebart werden schattig, du sitzt da in deiner Badehose, mach dir mal keinen Stress, Jonas.
Du wirst dich wirklich noch wundern, Schmidt.
Ich weiß was kommt. Ich bin aufgeregt, sehr. Du ahnst nichst, denn die Landschaft sieht so aus wie sie vor einer Stunde ausgesehen hat, aber warte nur ab.
Wenn wir es schaffen, wenn der Motor uns rechtzeitig hinstampft und uns keine Steine in den Weg gelegt werden,
dann wirst du dich wundern.
Die Autos fahren schon mit Scheinwerfern entgegen,  seltsame Menschen müssen das sein, die jetzt weiterfahren,
die die falsche Richtung nehmen.Haben sie sich nicht gewundert?
Und ich sage dir: DU wirst dich wundern.

Wo du dann bist, an was für einem Ort.Was dich umgibt. Wer. Du wirst es nicht erraten können, nicht erahnen, nicht aussprechen können wenn du ein Fünkchen
davon zu wissen glaubst.
Du wirst dich noch wundern, Schmidt.
Das verspreche ich dir.
Ein verbrannter Reifen liegt auf der Straßenseite, der interessiert dich, der ihn verlor hat sich auch gewundert.
Du wirst dich noch wundern, Schmidt.
Du warst kurz weggetreten, sagtest du, nachdem sich alle wunderten warum dein Fenster kurz runterging, deine Hand war drauf, dein schwerer Kopf
hat den Heber bewegt, ein Urnatürliches Bewusstsein ließ dich bewusstlos werden, weil du Sauerstoff brauchstest, ist ein bisschen stickig hier drinnen,
von der vielen aufgeregten Luft die ich atme, ich weiß ja,
dass du dich wundern wirst.
Nein, Elche! laufen vorbei, du kuckst, hast du schonmal einen Elch gesehen, du lächelst und freust dich, jaja, warte nur ab.
Du wirst dich noch wundern, Schmidt.

Und du bist da und du steigst aus und du läufst deinen Weg und du siehst, und läufst schneller und bleibst stehen, nur weil ein Zaun es dir sagt und du wirst stumm
und du bist und du lässt deine Schultern fallen und du läuchtest und du blickst dich um und vergisst.
Das ist ein Wunder, Schmidt.



Nun zur Nacht. Las Vegas ruft.

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